Eigentlich wollte ich mir für meinen kleinen Urlaub endlich Daniel Kehlmanns Bestseller „Die Vermessung der Welt“ ausleihen, aber wie das Leben so spielt: Ausgerechnet dieses Buch war in der Bibliothek bereits vergriffen. Nun wollte ich nicht mit leeren Händen nach Hause gehen, also griff ich spontan zu „Ich und Kaminski“ vom selbigen Autor. Der Klapptext gefiel und mit 174 Seiten schien das Werk gerade richtig für den Urlaub; ich ließ mich also überraschen.
Erzählt wird die Geschichte des jungen Journalisten Sebastian Zöllner, der sich von der Biographie des Malers Manuel Kaminski erhofft, dass sie ihm den ganz großen Durchbruch bringt. Folglich nimmt er sich für die Vorbereitungen dieser, bisher nie dagewesene Zeit und führt mit Bekannten und angeblichen Freunden des großen Künstlers, der in der Öffentlichkeit allerdings mehr und mehr in Vergessenheit gerät. Zöllner dem dies, in seiner Ruhm- und Profitgier, eigentlich gar nicht in die Karten spielt, spekuliert daher auf den nahenden Tod Kaminskis, der für kurze Zeit wieder für steigendes Interesse Bevölkerung hervorrufen wird, in welcher die Herausgabe der neuen Biographie gerade recht kommt.
Doch Zöllner steht vor einem Problem: Nach der Ankunft in dem kleinen Bergdorf, wo sich Kaminski mit seiner Tochter zurückgezogen hat, ist der Empfang keineswegs so, wie er sich diesen ausgemalt hatte. Unfreundlichkeit ihm gegenüber wird an den Tag gelegt und Möglichkeiten einmal direkt mit dem Maler zu reden, werden ein ums andere Mal verhindert. Lediglich durch Abwesenheit der Tochter und Bestechung der Haushälterin, welche Chance gerne wahrgenommen hat, gelingt es Zöllner schließlich mit ihm alleine im Haus zu sein. Das Interessanteste ist für Kaminski in ihrem Gespräch ist, dass der junge Journalist, welchem er sonst geistig offenkundig weit überlegen scheint, auf seine einstige Jugendliebe gestoßen ist. Sie, Therese Lessing, war es gewesen, die für den Wandel in Kaminskis Kunststil verantwortlich war und damit entscheidend zur Popularität seiner Bilder beitrug. Doch irgendwann hatte Therese Abschied genommen und Zöllner war jetzt fest entschlossen die beiden noch einmal zusammenzuführen, denn diese Geschichte sollte Höhepunkt in seinem Buch werden.
Überraschenderweise schien Kaminski dieser Idee nicht ablehnend gegenüber zu stehen – ganz im Gegenteil: Er drängt den perplexen Nachwuchsjournalisten sogar dazu sofort mit dem Auto loszufahren. Obwohl dieser erst Bedenken hat, willigt er schließlich doch ein: Es ist immerhin seine große Chance. Die Fahrt wird unterbrochen von diversen Merkwürdigkeiten, die aber scheinbar nur Zöllner komisch vorkommen. Für diesen wird die Reise überdies hinaus auch noch ein immenser Kostenfaktor, denn irgendwie schafft es der alternder Künstler immer wieder, dass stets sein Biograph anfallende Rechnungen übernehmen muss. Dabei hat dieser schon Schwierigkeiten sein eigenes Leben zu regeln. So schmeißt ihn etwa eine Freundin nach langem Hin und Her endgültig aus ihrer Wohnung und Zöllner muss einsehen, dass er weder richtige Freunde noch ein Dach über den Kopf hat.
Umso wichtiger wird für ihn also der Besuch bei Therese Lessing. Dort angekommen öffnet ihnen ein alter Herr, der seinen Lebensabend mit Kaminskis einstiger Jugendliebe verbringt. Diese reagiert freundlich auf dem Besuch, kann oder will sich allerdings nicht mehr so recht auf die damalige Zeit zurückbesinnen. So blieb auch dieses Gespräch, auf das Zöllner solch große Hoffnungen gesetzt hatte, für ihn mehr oder weniger ergebnislos. Damit das Desaster für ihn vollends komplett war, wartete vor der Tür auch noch Kaminskis Tochter. Nun sah er sich nicht nur diversen Vorhaltungen ausgesetzt, sondern wurde überdies mit der Tatsache konfrontiert, dass Kaminski bereits einen Vertrag mit einem Biographen unterzeichnet hatte: Hans Bahring, der Intimfeind Zöllners.
Trotzdem musste er sich letztendlich eingestehen, dass er eine gewisse Art von Sympathie für Kaminski entwickelt hat und erfüllt diesem daher noch einen letzten Wunsch: Gemeinsam fuhren sie ans Meer.
Mein Fazit zu „Ich und Kaminski“: Ein interessantes Buch, welches sich von Anfang bis Ende gut lesen lässt und die Spannung bis zuletzt aufrechterhält. Schön vor allem der Wandel des Journalisten Sebastian Zöllner: Angefangen beim selbstverliebten und geldgierigen Egoisten, der im Laufe der Erzählung erkennen muss, dass er Kaminski nicht ebenbürtig ist, dies bis zuletzt aber immer wieder verdrängt und letztendlich sein vollständiges Versagen im bisherigen Leben eingestehen muss. Zum Schluss möchte ich, neben der Leseempfehlung, allen Lesern noch den Link zu dem Artikel „Der entsorgte Künstler“, welcher bereits im Erscheinungsjahr: 2003 in der FAZ veröffentlicht wurde, mit auf dem Weg geben.